Anfang des
Jahres machte beim Weltwirtschaftsforum in Davos eine junge Frau aus Sambia, Natasha
Wang Mwansa, auf sich aufmerksam und stahl dem Urteil einiger Medien nach einer
anderen jungen Prominenten, nämlich Greta Thunberg, die Show. Doch geht es
beiden gerade nicht um Prominenz oder Show, sondern um nichts Geringeres als
die Zukunft ihrer Generation. Allerdings mit unterschiedlichen Forderungen, wie
der Beitrag zu Natasha Mwansa zeigt.
Zu einem
Perspektivwechsel regen auch Film- und Buchbesprechung in dieser Aufgabe an.
Und es werden Fragen aufgeworfen: Was bewirkt Entwicklungszusammenarbeit bei
den Akteuren beider Seiten? Und sind wir so frei von Rassismus, wie wir meinen?
Fragen, die auch in der Vereinsarbeit des ewe eine zentrale Rolle spielen.
Und natürlich
geben uns auch Priscilla, Naomie und Eugine wieder ganz konkrete Einblicke in
ihr Freiwilligen-Jahr.
ein Filmreview für an Entwicklungsarbeit iInteressierte von Lea Hennemann (ehemalige ewe-Freiwillige in Masabuka)
Congo Calling ist ein Dokumentarfilm von Stephan Hilpert, der drei Europäer porträtiert, die in der ostkongolesischen Stadt Goma leben und arbeiten. Peter, der nach 30 Jahren Entwicklungszusammenarbeit in den Ruhestand versetzt wird, sucht nach Wegen trotz des knapper werdenden Geldes in Goma, das seine Heimat geworden ist, zu bleiben. Der junge Spanier Raúl forscht über Rebellengruppen im Ostkongo und hadert mit der Machtposition, die ihm allein durch seine Forschungsgelder und durch die Rolle als Arbeitgeber seiner einheimischen Freunde zufällt. Und Anne-Laure, die als Entwicklungshelferin nach Goma gekommen ist, diese Arbeit aber aufgegeben hat und nun Gomas größtes Musikfestival „Amani“ mitorganisiert, fragt sich, ob und wie ihre Beziehung mit ihrem kongolesischen Freund Fred langfristig in Goma funktionieren kann und ob sie die Kraft hat, dauerhaft fernab ihrer Heimat Belgien zu leben.
Congo Calling stellt somit nicht die Armut der Bevölkerung
oder die Gewalt im Ostkongo in den Mittelpunkt, sondern schildert sehr intim
die persönlichen Geschichten der drei Protagonisten, die alle auf ihre Weise
eng mit Goma verbunden sind. Beeindruckt hat mich vor allem Raúl, der versucht,
wertfrei zu beobachten und dabei auf Kategorien wie „richtig“ und „falsch“ zu
verzichten. So lauscht er unvoreingenommen der Erzählung eines ehemaligen
Rebellen, der ihm von dem Zauber seiner Mei-Mei-Tätowierung berichtet, und
versucht, selbst als zwei seiner Mitarbeiter die ihnen anvertrauten
Forschungsgelder veruntreuen, sie angesichts der Versuchung der „Säcke voll
Geld“, die er „in einen Ozean aus Armut“ bringt, nicht zu verurteilen.
Als ehemalige Freiwillige des ewe hat der Film mich
besonders bewegt. Das Leben in Goma, das in einer der ärmsten und unsichersten
Regionen der Welt liegt, und in dem zwei Drittel der Bevölkerung Flüchtlinge
sind, ist sicherlich nicht direkt mit dem Leben in Mazabuka, wo ich meinen
Freiwilligendienstes 2014/15 verbracht habe, vergleichbar: Blauhelm-Soldaten
patrouillieren die Straßen, die Dichte an Hilfsorganisationen und
Entwicklungshelfern ist extrem hoch und Gewalt und Korruption sind stets präsent.
Dennoch haben viele Szenen des Films bei mir Erinnerungen an meine Zeit in
Mazabuka geweckt: Sei es der Airtel Shop an der Straßenecke, die Musik beim
Amani Festival oder das inbrünstige Gehupe im Straßenverkehr. Und sie haben
Fragen, die ich mir während meiner Zeit in Sambia oft gestellt habe, neu
aufgeworfen: Welche Rolle hatte ich in den Augen der Einheimischen allein durch
meine europäische Herkunft? Welche Hilfe können und sollten ausländische NGOs
vor Ort langfristig leisten? Ist die Hilfe aus dem Norden sinnvoll oder
verursacht sie nur weitere Abhängigkeiten?
Der Film zeigt Situationen, die ich ähnlich erlebt habe. So
wird das Kamerateam auf der Straße von Straßenkindern umringt, die rufen: „Ich
will, dass ihr uns ein Haus baut.“ „Wir wollen einen Pool und alles, um wie die
Weißen zu sein.“ „Wir lieben Goma. Wir wollen wie die Weißen sein.“ Dass Kinder
und auch Erwachsene häufig davon ausgehen, dass man als Weiße Geld und Reichtum
besitzt, habe ich auch in Sambia erfahren. Und ganz Unrecht haben sie damit ja
auch nicht. Selbst ich als Freiwillige hatte damals weit mehr zur Verfügung als
viele andere. Und ich hatte immer die Sicherheit, im Notfall zur Bank gehen und
Geld abheben zu können. Trotzdem hat mich das Bild als reiche Weiße irgendwann
sehr gestört. Ich wollte als Person und nicht als Weiße wahrgenommen werden.
Dass es nicht einfach ist, die unsichtbare Grenze zwischen Ausländern aus dem
globalen Norden und Einheimischen zu durchbrechen, und dass dies im Rahmen der
Entwicklungszusammenarbeit selten gelingt, wird auch im Film thematisiert. So
erzählt Fred, dass Anne-Laure eine der wenigen Europäer in Goma ist, die die
virtuelle Grenze überwunden hat, obwohl es dort von Entwicklungshelfern ja nur
so wimmelt. Genau das macht die Idee des ewe so wichtig. Partnerschaft auf
Augenhöhe, die sich viele NGOs in der Entwicklungszusammenarbeit attestieren,
funktioniert nicht, indem man sie in Leitbilder und Programme schreibt, sondern
über enge Kontakte, langsam aufgebautes Vertrauen und mit der Zeit wachsende
Freundschaften. Mit dem Konzept, Freiwillige in Gastfamilien und Gemeinden zu
integrieren, macht es der ewe seinen Freiwilligen verhältnismäßig leicht, die
virtuelle Grenze zu durchbrechen: Auch wenn ich am Ende meines Jahrs auf der
Straße nach wie vor mit Muzungu angesprochen und nach Geld gefragt wurde, war
ich für meine Familie und meine Freunde nicht mehr die reiche Weiße, sondern
ihre Tochter, Schwester, Freundin Lea.
Egal, ob man schon einmal im Kongo oder anderswo in Afrika war oder nicht, Congo Calling wirft Fragen beim Zuschauer auf und gibt Denkanstöße zur kritischen Hinterfragung von Entwicklungszusammenarbeit und zur Rolle von Europäern im Ausland. Gerade für Leser von ewe-aktuell, die alle irgendeinen Bezug zur Thematik haben, ist der Film daher sehr sehenswert. Dass er keinerlei Bewertung der Situation vor Ort vornimmt und für die Fragen, die er aufwirft, keine Lösungen präsentiert, finde ich persönlich sehr ansprechend, sind doch auch wir Europäer mit unseren Beurteilungen häufig zu voreilig.
unsere
derzeitigen Freiwilligen haben inzwischen ihren Platz in ihren Gastfamilien
gefunden und erste Herausforderungen bewältigt. Der ewe wünscht ihnen weiterhin
Zuversicht und gutes Gelingen!
Es freut auch
zu sehen, dass das Projekt Schulfee kontinuierlich fortgeführt wird und
konkrete Erfolge erzielt.
Nachdem sich unser
Vereinsvorsitzender Guido in der vergangenen Ausgabe Gedanken um den
Co2-Fußabdruck des ewe machte, geht es diesmal im Beitrag unserer ehemaligen
Freiwilligen Jolina um die Folgen des Klimawandels für die Länder des südlichen
Afrikas. Extreme Wetterlagen und ihre Folgen bringen mittlerweile viele
Menschen auf der ganzen Welt in schlimme, existenzbedrohende Notsituationen. Was
würden – was könnten – wir an ihrer Stelle machen? Eine Frage, die angesichts
der jüngsten Ereignisse in Frankreich und Italien gar nicht mehr so abstrakt
ist, wie wir vielleicht hoffen oder glauben.
Ohne Ihnen/Euch
die Advents- und Weihnachtszeit „verhageln“ zu wollen, ist es mir ein Anliegen,
jeden zu bitten, diese Zeit zu nutzen und noch einmal in sich zu gehen und zu überlegen,
was er selbst künftig (noch) für den Klimaschutz und den Erhalt unserer Erde tun
kann.
Allen eine
frohe Weihnachtszeit und ein gutes, gesundes Jahr 2020!
… Das Leben ist nicht immer einfach an einem neuen Ort, an dem man jeden Tag neue Menschen kennenlernt. Aber so ist das Leben und die Dinge geschehen, ob wir es wollen oder nicht. Ich hatte keine Ahnung, wie es sich anfühlt zu arbeiten, weil ich nie zuvor einen Job hatte. Jetzt weiß ich, wie es sich anfühlt, und ich muss sagen, dass es wirklich schwer ist, jeden Morgen früh auf zu stehen und zur Arbeit zu gehen. Aber es lehrt mich das Leben und was es heißt, ein verantwortlicher Mensch zu sein….
Kuyeya Für mich sind nun schon die ersten Monate vergangen und zum ersten Mal kann ich für mich behaupten: Ich bin so langsam angekommen. Die ersten zwei Monate in der Familie waren Neuland, sowohl für mich als auch für meine Gastfamilie. Über Wochen tasteten wir uns aneinander an: kulturell, menschlich und emotional. Ich fühlte mich zwar von Anfang an sehr wohl in meiner Gastfamilie. Dennoch gab es einige Herausforderungen: kulturell, menschlich sowie emotional. Alles was auf mich zu kam, war eine Reizüberflutung. Denn alles war neu, alles war anders und ungewohnt. Bis ich meinen Platz in Familie, Kirche und Arbeit fand, verging viel Zeit. Für mich war alles eine Herausforderung. Tag und Nacht dachte ich darüber nach, ob und wie ich meinen Platz hier finden kann, wie das Leben hier für mich einfacher wird. Ich trage bis heute innere Konflikte aus, aber ich habe auch gelernt, dass das normal ist. …
Wir saßen im Juni unter einem 100 Jahre alten Walnussbaum in unserem Garten, umgeben von Blumen und Obstbäumen, um Naomie auf ihr Freiwilligenjahr mit dem ewe vorzubereiten. Sommeridylle mit leichter Brise und angenehmem Klima. Menschen unterschiedlicher Herkunft und kultureller Wurzeln: Afrika, Asien, Europa. Menschen im Alter von 21 bis 64 Jahren. Menschen mit unterschiedlichen Berufs- und Zukunftsperspektiven, in unterschiedlichen Lebensphasen und mit unterschiedlichen Erfahrungen, alle verbunden im Engagement für eine Welt, in der alle Menschen gut leben können. Wir saßen im Schatten eines Baumes, der einen Krieg (fast) unbeschadet überstanden hat, unter dem vier Generationen gelebt, gearbeitet, gespielt und sich an ihm erfreut haben. Seine Blätter und sein Stamm haben in diesen hundert Jahren fast eineinhalb Tonnen CO2 gebunden. Der Baum steht nur noch einen Kilometer vom Tagebau entfernt. Der Braunkohle-Staub legt sich auf die Blätter, die Pumpen des Tagebaus nehmen ihm das Wasser weg: Seine Blätter wachsen nicht mehr so dicht und werden schneller braun.
Allein der Flug von Naomie in ihr Einsatzland Sambia im südlichen Afrika stößt dreimal so viel CO2 aus, wie der Walnussbaum, unter dem wir sitzen, in 100 Jahren gebunden hat. Vor 15 Jahren, als zwei der auch unter dem Baum Sitzenden ihre Afrikareise planten, haben wir uns darüber keine Gedanken gemacht. Heute sind wir mehr als sensibilisiert für diese Schattenseite unseres Engagements. Und der spürbare, u.a. durch unseren CO2 Ausstoß verursachte Klimawandel, führt gerade bei unseren Partnern in Sambia zu Extremwetter und dauerhaften Ernteausfällen. Die Versorgung mit Lebensmitteln insbesondere bei den ärmeren Bevölkerungsschichten ist gefährdet.
Der Zusammenhang
zwischen unseren Reisegewohnheiten, unseren Mobilitätsgewohnheiten, dem dadurch
erzeugten CO2 Ausstoß und dem Klimawandel sind uns und unseren Partnern in Sambia
bewusst. Und bei unseren FairReisen können wir die Folgen sehen und erleben.
Angesichts
dessen müssen wir uns immer wieder der Frage stellen: Was können wir als
eine-welt-engagement-Verein tun, um die ökologischen Folgen unserer Arbeit zu
minimieren und zu kompensieren?
Der Vorstand
des ewe hat deshalb beschlossen, für alle Flüge von deutschen und sambischen
Freiwilligen und ggf. von Vorstandsmitgliedern und Verantwortlichen des Vereins
und seines sambischen Partners eine CO2 Kompensation an die Initiative Klima-Kollekte der kirchlichen
Hilfswerke (https://klima-kollekte.de) zu zahlen. Mit dieser Ausgleichszahlung
werden Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energie und Energieeffizienz in den
Ländern des globalen Südens unterstützt.
Diesen ersten
Schritt verstehen wir als Zeichen der Solidarität mit unseren Partnern in der
Southern Province in Sambia. Weitere Ideen für eine ökologischere und nachhaltigere
Vereinsarbeit sollen und müssen folgen, damit diese Erde für alle Menschen eine
Zukunft hat.
Die einen kommen, die anderen gehen: Wechsel bei unseren deutschen und sambischen Freiwilligen
Cecilia und Edith benden ihr Freiwilligenjahr in Deutsch und nehmen Naomie mit nach Monze, wo sie ihr Freiwilligenjahr bei unseren Partnern in der Diocese of Monze beginnt.
Wieder in Deutschland nach einem Jahr in der Diocese of Monze gelandet sind Ben und Silja. Sie wurden begleitet von Eugine und Pricilla, die in Aldenhoven und Düren arbeiten werden und in Dürener Gast-Familien wohnen werden ab September nach ihrem Sprach- und Kultur-Einführungskurs.
Liebe Leserinnen und Leser, weitere drei Monate sind seit der
letzten Ausgabe ins Land gegangen und unsere vier Freiwilligen in Sambia
wie hier in Deutschland befinden sich gewissermaßen auf der Zielgerade
ihres Austauschjahres. Ein Jahr kann zuweilen sehr lang sein. Besonders
wenn einen wie Edith und Cecilia das Heimweh plagt. Denn anders als
Silja und Ben hatten die beiden ihre Familien in der Osterzeit nicht zu
Besuch. Dennoch stellen sich alle vier ihren unterschiedlichen
Herausforderungen, meistern sie, wachsen an ihnen und lassen uns mit
ihren lebhaften Berichten an dieser Entwicklung teilhaben. … https://www.yumpu.com/s/3vHLMgVKf2p6PDqQ
Ziel des Vereins ist es, Partnerschaft mit Menschen in Süd-Sambia zu leben, und so exemplarisch für Gerechtigkeit und Frieden in der einen Welt zu arbeiten. Deshalb fördern wir Schul- und Ausbildungsprojekte unseres Partners Caritas der Diozese Monze.
Schwerpunkt der Arbeit des ewe war seit 1996 der Freiwilligen-Austausch mit Sambia im Rahmen des Sozialen Dienstes für Frieden und Versöhnung (SDFV),
Neuer Schwerpunkt ist das Projekt Schulfee, eine 2014 gegründete Initiative sambischer und deutscher Studierender